Malerei

Als Kind, sagt sie, wollte sie immer Tänzerin werden. Oder auch Friseurin, den Männern die Haare schneidend. Egal, Hauptsache, und genau das hat sie fasziniert: Der Körper oder zumindest dessen Bestandteile sind in Bewegung, fliegen dynamisch durch den Raum, mal in einer wilden Pirouette der Zentrifugalkraft, mal nach dem Scherenschnitt der Schwerkraft folgend zu Boden.

 

Die Faszination für das eigefangene Bewegtbild lässt sie nie wieder los. Mit 16 Jahren, lange her, verkauft sie ihr erstes Bild, ein Stillleben mit weichem, sich fast in den Bildausschnitt hineinschmiegendem Faltenwurf. Während ihres Studiums der Malerei folgen kubistische, übereinander gelegte und surrealistische, ineinander verschwimmende Perspektiven, immer wieder auch transdisziplinäre Reisen zwischen den verschiedenen Ismen der Kunstgeschichte.

 

Eines Tages schließlich gesellen sich zu ihrem Œuvre jene Motive, die sie lange Zeit in Bewegung halten: Performances, krabbelnde Insekten, abstrakte, über die Leinwand tropfende Farbergüsse, temporäre Installationen, flüchtige Momentaufnahmen auf der Straße, die sie mit heterotopen, anachronistischen Formaten kommentiert – und immer wieder sich liebende, Liebe machende, in ihren Lüsten und Säften tanzende Menschen.




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Cocks and Pussies

 

Die Hängeböden sind voll, immer noch, viel zu viele Leinwände. Vor einigen Jahren hat Maria Wollny großformatiges Büttenpapier entdeckt, das im Himalaya unter Fair-Trade-Bedingungen in kleinen Familienbetrieben hergestellt und verkauft wird. Fair ist auch, dass die Welt nicht nur aus Dickpics besteht, sondern auch aus Pussypics. Die im weiblichen Wort steckende Alliteration macht die Sache noch viel schlüssiger.

 

Noch viel schöner aber, sagt Maria Wollny, die in der queeren Szene unterwegs ist, eine Proponentin weiblicher Kraft, eine Fetischistin mit Vorliebe für Dessous, Korsagen und Netzstrümpfe, ist die Bewegung des einen in der anderen. Nicht nur, aber immer wieder, ist in ihren kinky Bildern, die das Männliche im Weiblichen zeigen, die Künstlerin selbst zu sehen. Es sind Selbstporträts in Bewegung, autobiografische Stills einer bekennenden Exhibitionistin.

 

Und dazwischen immer wieder das Zurückfinden zu den eigenen Ursprüngen, zurück zum Abstrakten, zur konkreten Malerei wie damals, Jahrzehnte her, auf der Berliner Kunstakademie. In diesem Kontext erscheinen die blauen Farborgien, die bisweilen ins Rote und Pinke abdriften, nicht mehr als ungegenständlich, sondern können als Liebe und Hass, als Zorn und Zweifel, als lüsterne, tabubrechende Momente weiblicher Lebensenergie gelesen werden. Alles bleibt in Bewegung.

 

Text: Wojciech Czaja


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