Street Art

Maria Wollny hat ein Atelier unter dem Dach, mit Blick über die Rote Insel, die goldene Abendsonne einfangend, als würde William Turner am Horizont lehnen und Gimlet trinken. Doch irgendwann einmal, das muss 2008 gewesen sein, waren die Hängeböden zum Bersten voll – und so hat sie sich entschieden, inspiriert von Buenos Aires, von seinen bunten Bezirken San Telmo und La Boca, die Farben zu packen und den öffentlichen Raum zur Leinwand zu machen.

 

Marias Ausflug hinaus auf die Straße, das ist kein Tagging, kein riesiges Graffiti, keine illegale, schwer entzifferbare Inanspruchnahme der Stadt, sondern ein temporärer Kommentar auf einem rostigen Stuhl, einer kaputten Kühlschranktür, einer vom Regen durchfeuchteten Matratze. Ihre Motive sind figürliche Stencils – Bilder von schlafenden Gesichtern, androgynen Umarmungen und sich küssenden Mündern, mit Schablone und Spraydose auf Sperrmüll gesprüht.


Text: Wojciech Czaja


2021-2020

Mit Beginn der Pandemie haben sich meine Motive geändert.

Der "Kleine Prinz“ wurde zum Schutzengel und hielt sich von seiner Freundin fern. Es folgten Umarmungen, allein und mit dem Kissen.

19. Februar 2017



Der Tango hat Schuld 19


2007 war ich das erste Mal in Buenos Aires, um die Wiege des Tangos kennenzulernen. Schön war es am Sonntag in der Confideria Ideal, in einem wunderbaren Ambiente, wo viele Tangofilme gedreht wurden, mit den älteren Tangueros zu tanzen und den betagten Paaren zuzusehen. Was mich wirklich begeisterte, war die Streetart, hauptsächlich in San Telmo. Vor allem die Stencils mit poltischen, ironischen und lustigen Themen. Wieder zu Hause angekommen, wollte ich die Stenciltechnik erproben und für meine Kunst nutzen. Ich begann kleine Motive auf Papier und Acrylglas zu sprühen.

Doch irgenwie gehört die Technik auf die Straße!

Mit dem Gesetzt wollte ich auf keinen Fall in Konflikt kommen. Ich arbeitete damals als Kunstlehrerin und auch grundsätzlich widerstrebete es mir. Lediglich einmal zog ich nachts mit einer kleinen Schablone und einer Dose schwarz um die Häuser und besprühte einen Stromkasten und eine Mauer hinter einer Parkbank. Das war nicht besonders befriedigend.

Auf der Suche nach einer legalen Möglichkeit, stach mir plötzlich beim Fahrradfahren ein Kühlschrank ins Auge.

Das war die Lösung! Ab dem Zeitpunkt viel mir erst auf, wieviel Sperrmüll einfach auf die Straße gestellt wird.

Für kleine Objekte und Haushaltsgeräte waren meine kleinen Schablonen geeignet, aber auf Couches sahen sie etwas verloren aus.

Ich entwarf dann gezielt Motive für Kühlschränke, Fernseher und Sofas.